Ist eine Wende in Sicht?
Ein kleiner Spoiler als Einstieg: Zum ersten Mal seit Beginn der Lebenshaltungskostenkrise scheinen die Verbraucher einen Silberstreif am Horizont zu sehen. Im Rahmen der aktuellen Forschungsergebnisse haben wir fünf Aspekte untersucht, die Anzeichen für eine Trendwende belegen:
1. Wie wirkt sich die Dauerkrise auf die Stimmung der Verbraucher und ihre Denkweise aus?
2. Inwieweit schlägt sich das in veränd-erten Kaufstrategien beim Einkauf von Lebensmitteln nieder?
3. In wie weit schlägt sich dies in veränderten Strategien beim Einkauf von Lebensmitteln nieder?
4. Beeinf-lusst dieser Wende-punkt auch die Strategie der Verbraucher bei der Wahl der Einzelhändler?
5. Können wir mit größeren Veränderungen des Lebensstils und des respektiven Kaufverhaltens rechnen?
Die Verbraucher lernen aus jeder Krise etwas.
Im letzten Jahr standen Anpassung und Planung im Vordergrund: Es wurden neue Gewohnheiten zur Erfüllung von Grundbedürfnissen geschaffen. Die Verbraucher haben die Panikphase der Inflation überwunden und achte auf ihre Budgets, um sicherzustellen, dass sie wirklich das kaufen können, was sie nicht entbehren können.. Dazu gehören neben Produkten des täglichen Grundbedarfs auch die wichtigsten Lifestyle-Produkte. Auf unnötige Annehmlichkeiten wurde hingegen verzichtet.
Im Jahr 2023 wurden europaweit fast 900 Millionen zusätzliche Einkäufe verzeichnet (+3%), denn die Kunden waren gezwungen, nach den besten Schnäppchen zu suchen. Das Volumen der Einkäufe ist bei der Hälfte der Kategorien im Vergleich zur Zeit vor COVID gesunken. Im Vergleich zum letzten Jahr haben drei Viertel der Kategorien an Volumen verloren.(*)
In den letzten Jahren hat sich das Verhalten der Verbraucher sehr verändert. Es ist damit zu rechnen, dass sich ein neuer Modus einstellen wird und Konsumenten ihr Verhalten erneut wandeln. Wir haben den Höhepunkt der Schnäppchensuche und der Rationalisierung des Verhaltens hinter uns. Der neue Modus wird sich auch im Konsumverhalten niederschlagen und Platz für kleine Annehmlichkeiten oder Extras schaffen, jedoch auf eine sehr budgetbewusste Weise. In einem nach wie vor sehr komplexen und sozial unsicheren Kontext verspricht dieser Eskapismus ein gewisses Maß an Trost und Wohlbefinden.
Wenn es nicht zu einem großen systemischen Schock kommt, wird die nahe Zukunft unserer Ansicht nach von einer grundlegenden Beruhigung geprägt sein.
Die externen Faktoren sind in den letzten Jahren immer komplexer geworden. Dies hat zu großer Unsicherheit und zunehmenden Sorgen geführt, die um Aufmerksamkeit konkurrieren.
Worum machen sich die Konsumenten Sorgen und was erwarten sie in den nächsten Monaten?
Es überrascht nicht, dass wirtschaftliche Sorgen weiterhin im Vordergrund stehen. Aber das ändert sich seit dem Frühjahr 2023 langsam. Nach der Panikphase sind auch andere Sorgen wieder in den Vordergrund getreten, darunter die Umwelt, die eigene körperliche und geistige Gesundheit sowie soziale Ungleichheit. Auch das Thema Nachhaltigkeit steht nach einer kurzen Unterbrechung in der Panikphase wieder auf der Agenda – jedoch unter einem neuen Aspekt: Die Gesundheit des Planeten wird immer mehr zum Ziel, und wir werden uns mit diesem Thema im Kontext der Änderungen im Lebensstil ausführlicher befassen.
Bedenken hinsichtlich der Energieversorgung sind mehr oder weniger die einzige Sorge, die merklich abgenommen hat, was die zunehmende Komplexität der Sorgen bestätigt.
Es gibt auch eine gute Nachricht: In ganz Europa haben insgesamt gesehen weniger Haushalte finanzielle Probleme. Insbesondere in den Niederlanden, Dänemark und Deutschland steht vier von zehn Haushalten ein komfortables Budget zur Verfügung. Gleichzeitig befinden sich in einigen Ländern weiterhin mehr als 50% der Haushalte in einer finanziell schwierigen Situation, vor allem in Spanien, Ungarn und Serbien. Insgesamt stehen jedoch nur vier Länder schlechter da als vor einem halben Jahr, wenn es um das Haushaltsbudget geht, darunter das Vereinigte Königreich und Italien. Die Richtung der Veränderung ist also für die meisten Länder positiv.
Die Verbraucher machen sich folglich weniger Sorgen um das Finanzielle, daher können wir eine Veränderung des Anpassungsverhaltens beobachten. Die Sorgen in Bezug auf die Preise für Haushaltsprodukte sowie Lebensmittelpreise sind stark gesunken. Weiterhin Gedanken machen sich die Verbraucher hingegen um die „Extras“, insbesondere die Ausgaben außer Haus (Out of Home, OOH). Die beabsichtigten Verhaltensänderungen beim Kauf von Produkten des täglichen Bedarfs sind – infolge der jeweiligen Inflation – in Dänemark (33%) am geringsten und in Ungarn (48%) am höchsten.
(*) Quellen1 - CPS Daten des GfK-Verbraucherpanels EU-16; MAT Q2 2023 vs. MAT Q2 20222 - Europanel FMCG-Barometer, Q1 2023 vs. 2022/2019; 1065 Kategorien in DE, ES, FR, IT, NL, UK
Im Allgemeinen gibt es hierbei recht deutliche Unterschiede zwischen den Ländern Mittel- und Osteuropas (MOE) und den Ländern Westeuropas (WSE): Mit Ausnahme von Polen machen sich Verbraucher in den osteuropäischen Ländern deutlich größere Sorgen um die Preise für Waren des täglichen Bedarfs. Und sie erwarten, dass sie ihr Verhalten sowohl bei Haushaltswaren als auch beim Konsum und Aktivitäten außer Haus ändern werden. In Westeuropa schwindet die Besorgnis in Bezug auf die Kosten von Haushaltsprodukten insgesamt, aber die Verbraucher in Italien, Österreich, den Niederlanden und in geringerem Maße auch in Deutschland befürchten immer noch, dass sie ihre Ausgaben außer Haus anpassen müssen.
Die Aussichten der Käufer für 2024 können allgemein als vorsichtig optimistisch bezeichnet werden.